
Augustinerkloster in Erfurt
Ein Leben von strenger Askese
Wohl willentlich entscheidet sich der 21jährige für die „harte Tour“, als er am 17. Juli 1505 an die Klosterpforte klopft. Er weiß, ihn erwartet ein Reformorden, in dem die Regeln besonders streng ausgelegt werden. Doch dies zu wissen und es dann selbst zu durchleben, sind zwei unterschiedliche Dinge. Es geht um Demut und Verzicht im Klosterleben. Verzicht auf Komfort, Essen, Privatsphäre, Selbstbestimmung. Die Haare werden abgeschnitten, der Gang hat geduckt zu sein, mit den Augen auf den Boden gerichtet. Sprechverbot, sparsames Essen und monatelanges Fasten. Reinigungsarbeiten in der Kirche und den Abtritten. Sieben Mal am Tag wird gebetet. Dazwischen Arbeit und wenig Schlaf.
Die Augustiner-Eremiten nehmen ihre Regeln sehr ernst. Und vielleicht ist es gerade das Schonungslose und Konsequente, das den jungen Martin anspricht. Wenn schon, dann richtig!
So kniet er sich hinein, absolviert sein Noviziat und legt 1506 das Mönchsgelübde ab. Während der Zeremonie liegt er vor dem Altar, die Arme ausgebreitet, das Gesicht auf dem Boden. Unter ihm die Grabplatte von Johannes Zachariae, der etwa 100 Jahre zuvor den Flammentod von Jan Hus mitverantwortet hat. Ironie des Schicksals? Ein Zeichen? Luther wird später ähnlich „ketzerische“ Ideen wie Hus propagieren.
Die Augustinerkirche in Erfurt von außen ©Stadtverwaltung Erfurt
Das Klosterleben lässt den jungen Mann endgültig erwachsen werden. Hier erhält er seine theologische Ausbildung und beginnt eine akademische Karriere. Er ist ernsthaft und gründlich, will alles richtig machen und bemerkt erste Unstimmigkeiten von kirchlicher Praxis und Theorie. Aber noch ist der Gedanke an „Reformieren“ weit. Erst wird er Priester und geht 1511 an die Universität von Wittenberg.
Nach Erfurt kehrt er Jahre später als Reformator zurück. So tiefgreifend sind die Reformen, dass sogar das erzkonservative Augustiner-Eremiten-Kloster zu einer protestantischen Einrichtung wird. Die Gebäude dienen als Ratsgymnasium und Bibliothek, später entsteht ein Waisenhaus und 1848 tagt das Erfurter Unionsparlament hier, unter den Delegierten der junge Otto von Bismarck.
Heute ist das Gelände Museum, Kirche, Veranstaltungs- und Tagungszentrum. Auch übernachten kann man hier: Helle Zimmer in klösterlicher Ruhe, ohne Radio und TV, gut für die innere Einkehr. Das Gelände vereint historische und Neubauten. Die alte Pforte, an die Luther geklopft haben soll, gibt es noch. Und auch die Chorfenster in der Kirche aus der Zeit um 1300. Der Mönch Martin hat sie wohl immer im Blick gehabt bei den Stundengebeten und Gottesdiensten. Die kunstvolle Rose aus dem „Löwen-und-Papageien-Fenster“ nahm er sich später zum Vorbild für sein Familienwappen, die Lutherrose.
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